So. Ein Moment Pause, bevor es zum Alltag übergeht. Bevor hier der schon wieder längst überfällige Herbst-Blog an der Reihe ist, der ziemlich winterlich sein wird.
Die Zeit rast – und der letzte Eintrag ist mal wieder über drei Monate her. Seit Anfang September ist viel passiert. Unter anderem etwas sehr Trauriges und sehr Unerwartetes.
Unsere Terrortölen sind nur noch zu zweit.
Am 30. Oktober mussten wir unsere Lila einschläfern lassen. Sie war 14. Das schon. Immerhin. Aber zwei Wochen vorher hätten wir uns hier in unseren traurigsten Träumen nicht vorstellen können, dass es so schnell gehen wird mit dem Abschied.
Zwei Wochen vorher sind wir eine etwas längere sonnige Herbst-Sonntagsrunde gegangen. Kein Problem für unser Hunde-Seniorinnen (Alma ist ein halbes Jahr jünger als Lila es war). Lila hatte zwar schon länger etwas Arthrose, aber das war ihr egal. Auch, dass sie taub war (wenn sie uns hören sollte, mussten wir sehr, sehr, seeeeehr schrill mit ihr reden), hat sie wenig interessiert. Ja und sonst war sie fit. Topfit.
Auf einmal aber, von einem Moment auf den anderen, war Lila so langsam. Im Schleichtempo ging es zurück nach Hause.
Wir dachten, sie hätten Schmerzen im Rücken – weil sie auch so steif war und ihren Kopf beim Trinken und Essen nicht mehr richtig senken könnte. Sie bekam Schmerzmittel und tatsächlich ging es ihr daraufhin wieder gut. Ein paar Tage lang waren die Sorgen fast vergessen. Bis auf ein komisches Gefühl, etwas trübe Gedanken.
Ob Lila nächstes Jahr um die Zeit noch …
Jetzt, wo diese Alterswehwehwechen langsam immer mehr …
Und sie ist eben doch schon vierzehn …
Nein!
Lieber nicht dran denken. Aber gleichzeitig dankbar sein. Für jeden Tag, an dem die ganze Meute gesund ist!
Dann aber hat Lila immer mehr gehustet. Das machte sie vorher schon ab und zu. Das alte Herz, dachten wir. Das Problem hatte Kyra, unsere vorherige Hundeomi auch. Mit Herztabletten ist die problemlos fünfzehn geworden. Allerdings kamen zu Lilas Husten auch noch Wasserablagerungen dazu – ein doofer, wabbeliger Knubbel, vorne an der Brust. Auch das kann ein schwaches Herz mit sich bringen. Für beides gab es wieder Medikamente. Aber besser wurde es trotzdem nicht. Im Gegenteil. Sie hustete und hechelte und alles lief bei ihr nur noch im Zeitlupentempo ab. Nur der Appetit und ihre gute Laune – die waren zum Glück nicht getrübt. Aber das alleine beruhigte uns natürlich nicht auf Dauer.
Also ließen wir Lila, elf Tage nach dem letzten, ausführlichen Sonntagsspaziergang, röntgen. Und dann war klar – da ist Krebs. Sehr viel davon. An der Lunge und wie es aussah, auch an den Rippen. Der Grund, dass sie von einem Moment auf den anderen so schwächelte, war ein kollabierter Lungenflügel. Deshalb das viele Hecheln seitdem. Deshalb die Schwäche. Deshalb das Wasser.
Ja und in dem Moment war klar, wir würden Abschied nehmen müssen. Wie schnell, das hatten wir da jedoch noch nicht gedacht – und nicht denken wollen, obwohl die Tierärztin uns keine Hoffnungen mehr machte.
Dank Cortison ging es Lila die nächsten Tage – den Umständen entsprechend natürlich – richtig gut. Sie hatte beste Laune. Appetit. Fast all ihre Lieblingsmenschen waren noch mal da. Keiner davon konnte glauben, dass das wirklich die letzte Begegnung mit ihr gewesen sein sollte. Aber nachts wurde es immer schlimmer. Sie musste so viel hecheln, um genug Luft zu bekommen. So viel, dass es viel, viel zu anstrengend wurde für unsere arme, treue, liebe Lila-Maus.
Die letzte Nacht war nicht schön. Ganz und gar nicht. Uns war zweifellos klar, dass wir sie erlösen müssen. Weil die nächste Nacht noch viel, viel schlimmer werden würde.
An einem sonnigen viel zu warmen Oktobersonntag haben wir sie einschläfern lasen.
Wir haben sie dann noch einmal in den Hof gelegt, damit die anderen Abschied nehmen konnten. Aber so richtig reagiert hat keiner darauf. Alma aber war schon die ganzen Tage seltsam gewesen. Kein Wunder. Wir waren ja ebenso seltsam gewesen. All die Trauer. All die Sorgen.
Und als Lila weg war, war es noch viel, viel seltsamer.
Eine verrückte Nudel im Trio, die plötzlich fehlt.
Es war auf einmal so still.
Ja. Man gewöhnt sich dran. An den Alltag mit einer zuwenig. Mit der Restmeute, wie wir zu sagen pflegen. Ja, wir sind dankbar, dass sie so lange so fit war. Dass sie uns nochmal so schöne Tage geschenkt hat. Dass wir lange und doch viel zu kurze zwölf Jahre mit ihr hatten. Zehn davon hier auf unserem Örtchen.
Abgesehen von so einigen guten Gackerdamen – und Herren, ist Lila die erste unserer tierischen Meute, die wir hier auf dem Örtchen gehen lassen musste. Sie hat von Anfang an dazu gehört. Kein Bauernhofleben ohne Lila. Und es ist natürlich klar, dass ihr noch einige folgen werden.
Naja.
Alle.
Und es ist klar, dass es auch beim nächsten Mal nicht leichter sein wird. Ans Abschiednehmen gewöhnt man sich nicht. Trotzdem. Niemals, niemals bereuen wir es, hier so vielen Tieren einen guten Platz zum Leben bieten zu können. Bis zum letzten Tag. Jedes einzelne hat es verdient, dass man schnieft und schnaubt und traurig ist. Egal, wie lange.
Und die Dankbarkeit ist zum Glück groß. Größer als die Traurigkeit.
Danke, liebste Lila. Liebste Bekloppi-Nudel. Wir vergessen dich nicht! Nie!
Deshalb und trotzdem noch ein paar Wörtchen und Bildchen.
Hier ein Schnappschuss der Terrortölen-Meute aus einem der vergangenen Sommer. Wenn Lilas rechtes Auge im Bild wäre, wäre zu sehen, dass das etwas dick und blau ist. Weil die Gute auch im hohen Alter mit Johnny beim Toben alles gegeben hat. Wild und ungestüm, mit ganzer Leidenschaft. Das war Lila! Johnny hat sich nicht lumpen lassen – deshalb das blaue Auge. Nicht im Streit. Aus Liebe, sozusagen!
Lila kommt – wie Johnny übrigens und auch wie ihre Vorgängerin Kyra – aus Ungarn. Sie war schon in der Tötungsstation, bis eine Tierschutzorganisation sie gerade noch da rausgeholt hat. Auf sie sind wir im Internet gestoßen, weil wir nach „Airedale“ gesucht haben. Weil eben unsere gute Kyra, unser erster Hund, ein Airedale war. Lila war ein Airedale-Mix. Vermutlich war da noch ein Viszla drin. Eine ungarische Jagdhundrasse.
Wir haben Lila gerne mal „Mutti“ genannt. Weil sie so gut auf uns aufgepasst hat. Auf Schritt und Tritt war sie bei uns. Und sie hat es geliebt, einen abzuschlecken. Bestimmt, weil man ihr die Welpen zu früh weggenommen hat, haben wir immer gesagt. Wenn man nur ein T-Shirt trug, gab es kein Entkommen vor ihrer flinken Zunge. Trug man Pullover , musste man sich die Ärmel sehr lang über die Finger ziehen, damit man der Schlabberei halbwegs entkam. Ach, Lilly. Selbst das fehlt!
Man beachte ihr Zottelfell. Die Airedale-Gene haben so halb-halb durchgeschlagen, Lila musste man Scheren. Eigentlich. Aber sie hatte Panik vor der Schermaschine. Also musste eine Schere genügen. Das hat sie aber meistens sehr geduldig über sich ergehen lassen (außer ans Hinterteil, da durfte man nicht – das ging nur zu weit, wenn einer ablenkte!)
Man beachte bitte auch ihre wunderschönen Augen. Rotbraunleuchtend. Mit dem längsten Wimpern der Welt und extra dickem Kajalstrich.
In jungen Jahren hatte Lila einen ziemlichen Jagdtrieb. Von Dackelmix Alma abgeguckt. Als Einzelhund wäre Lila garantiert immer treu an unserer Seite geblieben. Da hätte sie auch kein „Terror“ als Vorsilbe gehabt. „Lisa ist ein ruhiger Hund“ stand damals in ihrer Beschreibung auf der Seite der Tierschutzorganisation. Aus Lisa ist Lila geworden – und ruhig war sie selten.
Wenn auf irgendeine Art Gefühle im Spiel waren, dann ging bei Lila das Adrenalin durch die Decke. Alles, was Alma, die kleine Kampfdackeline vormachte (am Tor bellen, aus dem Fenster bellen, andere Hunde anbellen, bellen), gab sie doppelt und dreifach zurück.
Und so kam es auch, dass, als Johnny vor sechs Jahren dazu kam, die sogenannte Ordnung durcheinander geriet und sich Alma und Lila mehrmals gehörig in die Wolle bekamen. Seitdem heißt Alma auch Schlitzohr-Alma. Aber das ist längst vergeben und vergessen. Unsere drei Terrortölen waren nun schon seit langer, langer Zeit ein eingespieltes Team. Alle drei. Nicht mal beim Füttern wurde geknurrt.
Lilas unendliche Leidenschaft galt natürlich auch für große, positive Gefühle. Treue, treue Lila! Nicht nur ihren Lieblings-Zweibeinern gegenüber …
… sondern gegenüber der ganzen Meute! (Nur die Zweibeiner mit Federn, die haben wir lieber ferngehalten von ihr. Man lernt aus Fehlern …)
Hier ein wahrer Klassiker: Die Hunde-Wollschwein-Polonaise.
Lila, Alma und Krümel und Fussel, als die 2013 frisch eingezogen waren. Integration sofort gelungen!
Und auch gegenüber ihren Katzen (aber nur ihren) war sie einfach nur nett! Dabei hatten wir, als wir Molly und Sticky aus dem Tierheim holten, noch ziemliche Angst, das könnte nicht klappen!
Das Bild hier müsste aus dem ersten Sommer mit den Miezen sein. 2015. Po an Po mit Molly. Und während Alma und Johnny um die fauchende Sticky lieber einen Bogen machen, war Lila das immer egal. Da hat Sticky die Faucherei irgendwann aufgegeben. (Meistens.)
Grundsätzlich saß Lila gerne etwas erhöht – auch gerne mal mit uns am Tisch. (Mit der Bierflasche hätte man sie im vollen Zustand aber jagen können – den Geruch mochte sie gar nicht.)
Wenn der einzige Sonnenplatz am Küchentisch war – zack – bequem gemacht:
Hofwache ging natürlich auch gemütlich:
Und überhaupt ging gemütlich immer!
Lila liebte süße Früchte! Himbeeren, Pflaumen, aber auch Tomaten. Und Trauben! (Die bekam sie aber nicht, weil sie nicht gut für Hunde sind.) Den Rest hat sie sich gerne mal direkt vom Strauch oder Baum gepflückt.
Das muss 2016 gewesen sein – der erste Sommer mit Johnny.
Kisten mochte Lila auch! (Erst recht wenn, wie in der hier, Hühnerkacke war! ;-))
Das Bild ist aus den ersten Jahren auf dem Örtchen. Alma noch ganz ohne graue Augenbrauen!
In den Gemüsegarten durften die Hunde irgendwann nicht mehr – zum Schutz des Gemüses. Da unten aber durfte Lila anscheinend noch. Ansonsten hat sie immer – mal mehr und mal weniger geduldig – am Tor gewartet, bis wir endlich zurück waren. (Während sie kein Problem damit hatte, alleine zu bleiben, wenn wir ganz weg waren. Aber so „halb weg“ gefiel ihr gar nicht! Da wurde oft viel gewinselt und nervös gewuselt.)
Nein, das ist kein echtes Kaninchen! (Vermutlich ist es nicht mal ein Kaninchen, sondern ein Teddybär. Oder besser, es war einmal …)
Hatten wir es schon gesagt? Lila liebte Tomaten!
Das erste Jahr auf dem Örtchen! (Der Zaun wurde inzwischen ausgetauscht, weil Riesenhund Johnny ohne Mühen drüberhüpfen konnte. Ach was, er musste nicht mal richtig hüpfen. Und anstatt der Wiese ist da längst ein Wintergarten.)
Nochmal eine kleine Selfie-Session.
Und noch ein paar „einfach-Lilly-Bilder“.
Hm, was gibt es noch zu sagen, über unsere Lila?
Sie konnte unheimlich gut pupsen! Oft sehr leise – meist nur ein ganz sanftes Pfffff – aber immer mit viel Wind! (Zum Glück gibt es keine Duft-Fotos!)
Sie überkreuzte gerne die Vorderbeine beim Liegen. Elegant!
Sie war eine weltmeisterliche Dränglerin. Sie musste immer vor einem durch die Tür. Und vor einem laufen. Wie oft wir über diesen Hund gestolpert sind! Wie oft wir sie deshalb verflucht haben! (Liebevoll, aber schon auch mal genervt.)
Oh Lilly, wie gerne, gerne würden wir über dich stolpern, uns danach endlos von dir abschlecken und gleichzeitig die Nase voll pupsen lassen. Und bellen dürftest du, aufgeregt jaulen – alles ohne ein Meckern von uns! (Naja, vielleicht ein Kleines … Weil das ja schließlich auch immer dazu gehört hat.)
Die ersten Tage, als Lila nicht mehr da war, haben wir weiter unterm Tisch vorsichtig die Füße angezogen. So, als ob sie noch daliegen würde. Wir haben die Türen geöffnet, drinnen und draußen, und uns gewundert, dass das einfach ging. Ohne, dass Lilly im Weg liegt.
Genauso fehlt die morgendliche Schlabberdusche.
Ach. Lilly.
Naja, und weil jetzt eh schon wieder die Tränen in den Augen glitzern, nähern wir uns wohl oder übel dem traurigen Abschied.
Die letzte Selfie-Session.
Die letzten Tage mit unserer Lila – mit einem zum Glück lachenden Hund. (Schön wäre es, wenn Mensch in solchen Situationen – und ab und zu überhaupt – auch so ein sorgloses Hundehirn hätte. So ganz ohne Zukunftsgedanken.)
Eine der letzten gemeinsamen Wachen am Tor.
Mach’s gut, liebste Lilly, du gute Terrortöle, du.
Danke für zwölf herrlich bekloppte Jahre.
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